2. Oktober 2017 | Jobsuche

Bewerbungsunterlagen: Basisprinzipien für den Erfolg – das Kompetenzprofil

Nur der Lebenslauf gilt als unverzichtbares Dokument bei einer Bewerbung. Wenn der Headhunter klingelt und Ihnen eine Position vorschlägt die interessant sein könnte, bittet er Sie wahrscheinlich um die Zusendung Ihres CV. Auch wenn Sie über Empfehlung zu einem Job finden, möchte die Personalabteilung gern Ihren Lebenslauf für die Personalakte erhalten. In beiden Fällen können Sie auf ein Anschreiben verzichten.

Stichwort: Kompetenzprofil

Dennoch handelt es sich mit einem Tandem aus Anschreiben und Lebenslauf bei einer Bewerbung auf eine ausgeschriebene Stelle (dieses gilt natürlich auch für die Initiativbewerbung) um das gängige Format.

Wir hatten bereits vom Deckblatt gesprochen, das durchaus Eingang in die Bewerbungslandschaft gefunden hat. Ein Standard-Dokument ist dieses jedoch nicht. In diesem Beitrag widmen wir uns einem weiteren Dokument, das gern gesehen wird – jedoch eher unbekannt ist: dem Kompetenzprofil. Was hat das auf sich? Wo kommt es her? Und – natürlich – was ist der Nutzen?

Zusatznutzen

Kompetenzprofile wurden vielfach von Headhunter verfasst die damit ihren Auftraggebern, also suchenden Unternehmen, einen Zusatznutzen bieten wollten. Aus persönlichen Eindrücken mit Kandidaten und Äußerungen der Bewerber bezüglich vergangener Stationen nahmen Headhunter häufig Kompetenzen wahr, die in dieser Weise nicht im Lebenslauf aufgeführt wurden.

So hörten sie aus den Schilderungen eines Einkaufsleiters vielleicht dass dieser über eine große Durchsetzungsfähigkeit, Überzeugungskraft oder Beharrlichkeit verfügte. Neben diesen Soft-Skills kamen möglicherweise weitere Kompetenzen zum Tragen die direkt mit der vergangenen Tätigkeit zu tun hatten. So zeigte der Einkaufsleiter beispielsweise Fähigkeiten auf dem Gebiet des Verhandelns, der zielorientierten Gesprächsführung und der gekonnten Formulierung beim Ausarbeiten von Verträgen.

In diesem Beispiel sehen wir bereits sechs Kompetenzen, die dieser Fachexperte nicht in seinem Lebenslauf integrieren würde. Einmal werden die Eigenschaften vielleicht als zu „schwärmerisch“ abgetan. Zweitens hat der Bewerber das Empfinden, dass er diese Kompetenzen nicht nachweisen kann.

Nachweisplicht

Das ist richtig. Wenn wir aber schauen, woher das Kompetenzprofil kommt, ist eine Nachweispflicht auch gar nicht notwendig. Der Headhunter hat einfach „Behauptungen“ aufgestellt, nach besten Wissen und Gewissen und basierend auf der eigenen Wahrnehmung. Nachdem die Persönlichkeit zu 50 Prozent entscheidet bei einer Personalentscheidung, waren die Kunden des Headhunters mit der Auflistung sehr zufrieden.

Darüber hinaus hatte die Auflistung noch einen anderen Nutzen. Bleiben wir beim Beispiel des Headhunters und des Einkäufers. Der Einkaufsleiter hat ein großes Team und kennt sich bei Personalangelegenheiten ein wenig aus. Außerdem hat er BWL mit Schwerpunkt Personalwirtschaft studiert. Nun sucht ein Unternehmen einen Mitarbeiter für die Personalabteilung die schwerpunktmäßig mit dem Betriebsrat Betriebsvereinbarungen verhandeln soll. Der Headhunter bringt den Einkaufleiter ins Gespräch der auf Grund seiner starken Persönlichkeit, verbunden mit Erfahrungen in Vertragsverhandlungen und Formulierungskompetenzen überzeugt.

Wer nun selbst ein Kompetenzprofil erarbeitet, soll sich loslösen vom Gedanken, Nachweise für die aufgelisteten Kompetenzen erbringen zu müssen. Es kommt nicht darauf an, wo und wie man diese Fähigkeiten erworben hat, nur ob man der Meinung ist, dass sie vorhanden sind.

Sinnvolle Kompetenzen

Natürlich macht es wenig Sinn Kompetenzen aufzuführen die nichts gemein haben mit der Funktion oder dem Bereich den man anstrebt. Wer aber die Position „Leiter Produkt-Marketing“ anvisiert, kann sehr wohl Fähigkeiten auf folgenden Gebieten aufführen:

  • Produkt-Entwicklung
  • Marketing
  • Kundendienst
  • Führung

Vielleicht hat diese Person in einem Praktikum und später als Trainee mal in der Produkt-Entwicklung gearbeitet und kennt die Abläufe. Die erste Position war vielleicht im Customer Service und der Reklamationsbearbeitung. Später erfolgte dann ein Wechsel ins Marketing, wo diese Person die letzten Jahre gearbeitet hat. Kompetenzen im Bereich Führung wurden im Projekt-Management (Marketing-Projekte) gesammelt sowie in der Tatsache, dass der Bewerber seit 10 Jahren in der Leitung von Jugendcamps tätig ist, diese plant und organisiert und operativ die restlichen ehrenamtlichen Team-Mitarbeiter anleitet.

Ein Kompetenzprofil wird hinter dem Lebenslauf eingefügt und könnte folgendermaßen aussehen. Wichtig ist dabei, keine Formulierungen aus dem Lebenslauf zu übernehmen und auch Kompetenzen, die im Anschreiben bereits erwähnt werden, anders zu umschreiben:

Kompetenzprofil

Vertrieb / Marketing

  • Strategisches und operatives Führen von Vertriebsabteilungen sowie einer internationalen Vertriebsorganisationen mit voller Umsatz- und Ergebnisverantwortung
  • Steigern und Sichern von profitablen Umsätzen durch Neukundengewinnung und Ausbau von Geschäftsfeldern, weltweit
  • Einführen von neuen Produkten in Branchen und Märkten, z.B. Sicherheitssysteme in der Verpackungsindustrie in Europa
  • Erschließen von neuen, ertragsreichen Branchen, Geschäftsfeldern und Zielgruppen
  • Aufbau eines internationalen Lösungsvertriebs in USA, Brasilien, Indien und Taiwan
  •  Betreuen von ausgewählten Key Accounts im Direktvertrieb, weltweit
  • Gewinnen von neuen Vertriebspartnern mit ergebnisorientierten Verhandeln von Verträgen
  • Aufbau einer internationalen, nachhaltigen Vertriebsorganisationen bestehend aus zahlreichen Vertriebs- und Service-Gesellschaften
  • Präsentieren von Produkten und Lösungen auf internationalen Messen und Fachtagungen
  • Binden von Key Accounts durch überzeugendes Beziehungsmanagement und Kundenevents
  • Ergebnisorientiertes Führen und Motivieren der internationalen Vertriebsmannschaft

Entwicklung / technisches Produkt Management

  • Führen von Projektteams mit ziel- und ergebnisorientierter Koordination der Unternehmensfunktionen
  • Vertrieb, Entwicklung und Produktmanagement, national und international
  • Erweitern und strategisches Ausbauen von Produkt- und Leistungsportfolio durch neue System-Angebote sowie zusätzliche Servicekomponenten in zahlreichen Industriebranchen, weltweit
  • Verkürzen von Entwicklungszeiten durch Definieren von standardisierten Funktionsmodulen
  • Systematisches Analysieren von produktionstechnischen Industrieanlagen und -Maschinen
  • Entwickeln von effizienten Steuerungskonzepten für Maschinenhersteller und Anlagenbauer
  • Definieren von neuen Produkten und Systemen und Initiieren von Entwicklungsaufträgen
  • Erweitern von relevanten, branchenspezifischen Automatisierungs-Funktionen und -Lösungen
  • Erhöhen des Kundennutzens und Realisieren von Wettbewerbsvorteilen in Hard- und Software
  • Senken von Kosten bei gleichzeitiger Steigerung des Kundennutzens durch Technologiewechsel sowie Modularisieren von Maschinenlinien und vereinfachte Montage
  • Kontinuierliches Entwickeln von zusätzlichem Kundennutzen und Wettbewerbsvorteilen

Prozesse / Organisation / IT

  • Entwickeln und Umsetzen einer intelligenten, branchenorientierten CRM Struktur zur systematischen Erschließung zusätzlicher Umsatzpotentiale für marktgängige Produkte und ertragsstarke Geschäftsfelder, z.B. branchenspezifische System-Lösung für Brasilien
  • Entwickeln und Einführen eines intelligenten Kennzahlensystems zur kontinuierlichen undnachhaltigen Steuerung und Planung profitabler Umsätze
  • Anwenden von Lean-Prinzipien im Angebotsprozess mit Reduzierung der Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten bei kundenspezifischen Produkten
  • Entwickeln und Einführen einer transparenten Ressourcenplanung und Skill-Matrix zur effizienten Software-Projektabwicklung sowie als Basis der Personalentwicklung im Engineering
  • Implementieren und einer prozessorientierten Qualitätssicherung für Steuerungstechnik zur Reduzierung der Inbetriebnahme-Zeiten beim Kunden
  • Steuern von Software-Projekten mit Entwicklung und Neudefinition von Prozessen und Arbeitspakete zur Qualitätssteigerung und Verkürzung der Entwicklungszeiten in Indien
  • Sichern von Qualität in Entwicklungszentren, z.B. in Indien, durch interkulturelles Teambuilding
  • Trainieren von Mitarbeitern aus Vertrieb und Technik zu Technologie, Anwendungs- und Lösungsmöglichkeiten in den jeweiligen Industriebranchen, weltweit

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 So geht Bewerben: Tipps vom Karriere-Coach

Der Experte in Sachen Bewerbung Vincent G.A. Zeylmans van Emmichoven gibt Einsteigern, erfahrenen Arbeitnehmern und Quereinsteigern Tipps zum richtigen Verhalten im Bewerbungsgespräch, zum verdeckten Arbeitsmarkt und vielen weiteren spannenden Fragen rund um Bewerbung und Karriere.


Über den Autor

 Vincent G.A. Zeylmans van Emmichoven, Experte in Sachen Bewerbung, gibt Einsteigern, erfahrenen Arbeitnehmern und Quereinsteigern Tipps zum richtigen Verhalten im Bewerbungsgespräch, zum verdeckten Arbeitsmarkt und vielen weiteren spannenden Fragen rund um Bewerbung und Karriere. Als SZ-Jobcoach schreibt er regelmäßig für die Süddeutsche Zeitung.

Jeden Monat zeigt er innovative und teils kuriose Ansichten und Herangehensweisen an Probleme, die garantiert jeder Bewerber in seinem Leben einmal erlebt hat – vom Bewerbungsprozess bis hin zum heiß ersehnten Gespräch, vom Berufseinstieg bis zum beruflichen Neuanfang.

Vincent G.A. Zeylmans van Emmichoven blickt auf eine internationale Karriere als Geschäftsführer mehrerer mittelständischer Unternehmen und Konzerne (u.a. Yves Rocher und Gillette) zurück. Der Karriere-Coach hält als Gastdozent am MCI Management Center Innsbruck Vorträge zum Thema Job-Hunting, verfasst Beiträge für das Magazin FOCUS und ist Kolumnist bei der Süddeutschen Zeitung.