3. Juni 2019 | 5 Fragen an ...

Einfach entspannt bewerben

Die meisten von uns denken beim Thema Bewerbung an stundenlanges Formulieren des perfekten Anschreibens, das unauffällige Kaschieren von Lücken im Lebenslauf, an Unmengen von Kopien und Ausdrucken – vom Mysterium um DAS optimale Bewerbungsfoto ganz zu schweigen. Doch es geht auch anders, vor allem vor dem Hintergrund der neuen digitalen Arbeitswelt. Bewerben einfach gemacht, so unsere Autorin Sandra Gehde im Interview zu ihrem neuen Buch  Bewerbung to go.

Liebe Frau Gehde, ich selbst habe zuletzt vor 14 Jahre eine Bewerbung geschrieben, gleich nach dem Studium. Der Gedanke, heute eine Bewerbung schreiben zu müssen, jagt mir beinahe Angst ein. Damit bin ich sicherlich nicht allein. Warum ist das Ihrer Meinung nach so? Warum ist das „Bewerben“ so negativ belastet – losgelöst von dem Umstand, sich aus der Arbeitslosigkeit heraus zu bewerben?

Die Bewerbung ist eine emotionale Angelegenheit, Angst ist da ein verständliches Gefühl. Zum einen hängt vom Job viel ab – und damit meine ich nicht nur das Finanzielle –, sondern die gesamte Lebenszufriedenheit. Zum anderen begeben wir uns in eine Situation, in der wir zwangsläufig bewertet werden. Die Angst vor Ablehnung kennt wohl jeder. In der Bewerbung geben wir viel von uns Preis, werfen unser Können, unsere Erfolge, unsere Persönlichkeit in die Waagschale. Wir wollen zeigen, wie gut und geeignet wir sind. Und dann kommt eine kurze Mail oder ein zweizeiliger Brief mit einer standardisierten Absage. Es ist schwierig, eine so klare Ablehnung nicht persönlich zu nehmen.


Wenn ich daran zurückdenke, wie viele Stunden ich vor dem PC saß, unzählige Bewerbungsratgeber vor mir, wie viele Seiten ich gedruckt habe, welche Unsummen ich für Bewerbungsmappen, hochwertiges Papier und Umschläge ausgegeben habe, vom Mysterium des „perfekten Bewerbungsfotos“ ganz zu schweigen … Ist das alles tatsächlich überholt? Hat die klassische Bewerbung wirklich ausgedient?

Kurz und bündig: Ja! Und wie ich finde, zum Glück! Es wurde Zeit, dass dieses schwergängige und überholte Bewerbungprocedere verschwindet. Wir brauchen in jeder Hinsicht etwas, was zu unserer modernen Gesellschaft und den neuen Anforderungen im Job passt. Alles um uns herum ist darauf ausgerichtet, das Leben einfacher zu machen, smart zu gestalten. Nur bei Bewerbungsschreiben wurden noch Maßstäbe wie vor 25 Jahren angelegt. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß! Entspannt bewerben ist jetzt Trend!


In Zeiten des scheinbar unkontrollierten Teilens von Persönlichem auf Facebook, Twitter, Instragram und Co. ist es schwer vorstellbar, dass ausgerechnet diese Plattformen seriöse Jobangebote anbieten können?

Im Gegenteil! Genau diese Plattformen bieten alle Möglichkeiten. Dort werden täglich millionenfach Inhalte geteilt. Dieser Content ist so vielseitig und bunt wie die Menschen, die dort posten. Natürlich gibt es darunter auch unseriöse Inhalte – denken Sie nur an die Fakenews! Und es gehört sicher zu den neuen Kompetenzen, seriöse Nachrichten und Angebote von Fakes zu unterscheiden. Aber ganz egal, was Sie verkaufen oder anbieten – an den Social-Media-Plattformen kommen Sie nicht vorbei. Schauen Sie sich dort um – ob internationaler Konzern oder der kleine Metzger an der Ecke –, jeder ist dort präsent, macht dort Werbung! Daran sehen Sie, wie etabliert diese Medien inzwischen sind. Und selbstverständlich finden Sie dort seriöse Jobangebote.


Doch steckt nicht eigentlich noch mehr dahinter, insbesondere was den eigenen Umgang mit diesen Portalen betrifft? Was mache ich zum Beispiel, wenn ich vor fünf Jahren ein sehr saloppes Statement gepostet habe, was ich heute wahrscheinlich nicht mehr machen würde. Wie viel Einfluss nimmt  ein solcher Eintrag in meiner Chronik auf meine Chancen auf dem Arbeitsmarkt?

Die Schnelllebigkeit dieser Medien kommt Ihnen hier zu Gute! Was Sie vor fünf Jahren gepostet haben, dürfte normalerweise längst im Treibsand von Masse und Zeit vergangen sein. Kümmern Sie sich einfach nur um Ihre jüngste mediale Vergangenheit. Ich rate dazu, aktuelle öffentliche Profile und Accounts von peinlichen Äußerungen oder Bildern zu befreien – falls jemand einen Blick in Ihr öffentliches Profil wirft.


Sie sind Expertin auf diesem Gebiet und haben sicherlich Unmengen an guten, aber auch schlechten Bewerbungen gesehen. Gibt es Bewerbungen, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind, egal ob gut oder schlecht? Und was ist Ihrer Meinung nach der größte Fehler, den man bei einer Bewerbung machen kann?

Ja, stimmt! Ich denke, ich habe schon fast alles gesehen. Ob unbeholfen, wunderbar oder maßlos übertrieben – es war alles dabei.

Tatsächlich ist mir eine Bewerbung besonders in der Erinnerung, weil sie so ungeschickt gestaltet war. Ein Booklet mit selbstgebastelten Ziehharmonika-Seiten, alles sehr klein und eng beschrieben, kaum zu entziffern –- wenn sie eine Lupe mitgeschickt hätte, wäre es vielleicht noch witzig gewesen. Das kommt dabei heraus, wenn Bewerbern eingetrichtert wird, sie sollen um jeden Preis originell sein. Das Einfache trifft den Zeitgeist besser!

Abgesehen von solch seltenen Fehlgriffen, ist meiner Meinung nach der größte Fehler, die eigenen Wünsche zu sehr in den Vordergrund zu stellen. Bei manchen Bewerbern liest sich das Anschreiben wie eine Weihnachtswunschliste. Der Arbeitgeber möchte natürlich zuerst wissen, was der Bewerber für das Unternehmen mitbringt. Hier macht die richtige Formulierung sehr viel aus. Mit dem von mir entwickelten 15-Minuten-Anschreiben lassen sich solche Fehler leicht vermeiden.


einfach entspannt bewerben - Cover "Bewerbung to go" Bewerbung to go
Entspannt und zeitgemäß zum neuen Job
Erfolgreich bewerben mit der Micro-Learning-Methode
ISBN 978-3-96186-030-2